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Ein Windhauch mit 360 Stundenkilometern: Einzigartiger Windkanal hilft, Rotorblätter für Windenergieanlagen zu optimieren

22.01.2019, Autor: Wolfgang Heumer
Das Flüstern des Starkwindes: Ein Bremerhavener Unternehmen erforscht mithilfe eines sehr leisen Großwindkanals die optimale Form und Oberfläche von Flügeln von Windenergieanlagen. Die Deutsche WindGuard GmbH arbeitet für alle namhaften Hersteller.

Windiger Job

Nicholas Balaresque hat einen stürmischen Job: Rund um seinen Arbeitsplatz bewegt sich die Luft mit bis zu 360 Kilometern pro Stunde. Der 38-Jährige leitet in Bremerhaven einen europaweit einzigartigen Großwindkanal. Dieser gehört der Deutsche WindGuard GmbH und mit seiner Hilfe kann die Windenergie-Industrie Form und Oberfläche von Rotorblättern optimieren. Die Ergebnisse, die Diplom-Ingenieur Balaresque bei seinen Tests erzielt, sind eine wichtige Grundlage für die Nutzung der Windenergie. Anlagenhersteller aus ganz Europa bedienen sich der Dienstleistung. „Durch unsere Spezialisierung haben wir eine gefragte Kompetenz entwickelt“, sagt Nicholas Balaresque.

Vor zehn Jahren führte der Weg von Varel nach Bremerhaven

Im Vergleich zu seiner Bedeutung für die Industrie wirkt das WindGuard-Gebäude zwischen den großen Logistikzentren am Rande des Bremerhavener Containerterminals eher bescheiden. Auffallend ist lediglich der fensterlose Anbau, etwa vier Mal so groß wie der Bürotrakt des Forschungsinstituts. Gleich nebenan steht eine Zwei-Megawatt-Windenergieanlage auf dem Firmengelände. Sie ist auch der Grund, der die eigentlich im niedersächsischen Varel ansässige Deutsche WindGuard vor zehn Jahren nach Bremerhaven geführt hat.

Ideale Bedingungen vorgefunden

Damals suchte das Unternehmen Platz für den hoch spezialisierten, sehr leisen Großwindkanal zur aerodynamischen und akustischen Optimierung von Rotorblättern. Im bestehenden Windkanalzentrum in Varel ließ der sich nicht unterbringen. „Wir wollten den neuen Windkanal mit elektrischer Energie aus einer Windkraftanlage betreiben“, erinnert sich Balaresque. „In Bremerhaven waren die Bedingungen ideal.“

Ingenieurtechnische Meisterleistung

Seitdem steht in der Seestadt eine Forschungseinrichtung, die in Europa als einmalig gilt. Der Windkanal ist eine ingenieurtechnische Meisterleistung. Sechs jeweils 160 PS starke Ventilatoren beschleunigen die Luft in einem geschlossenen haushohen Schacht mit 120 Metern Gesamtlänge rund um den fensterlosen Anbau. Mit etwa 30 Stundenkilometern strömt die Luft anfangs durch den Kanal. An den abgeschrägten Hausecken wird der Wind durch spezielle Schalldämpfer geleitet. Schließlich strömt die Luft durch ein System von Lochsieben und Wabenstrukturen, die jegliche Turbulenzen „glätten“.

Nicht einmal ein leises Rauschen ist zu hören

Dann wird die Luft in einer Düse mit einem Austrittsmaß von 1,25 Metern Höhe und 2,7 Metern Breite auf bis zu 360 Stundenkilometer beschleunigt, bevor sie auf das zu untersuchende Rotorblattsegment trifft. Trotz der hohen Geschwindigkeit ist dabei nicht einmal ein leises Rauschen zu vernehmen. Mit gutem Grund: Der Windkanal dient sowohl aerodynamischen als auch akustischen Messungen. „Die Geräuschentwicklung von Windenergieanlagen ist ein wichtiges Kriterium für die Akzeptanz von Windparks“, betont Nicholas Balaresque.

Hochempfindliche Sensoren entdecken Störungen am Rotorblatt

Insgesamt 80 hoch empfindliche Mikrofone sind in den Wänden und der Decke des Messtisches installiert. „Je mehr Mikrofone, desto besser ist die Auflösung der Messung. Das heißt, dass das Geräusch des Prüflings umso besser vom Hintergrundgeräusch des Windkanals unterschieden werden kann“, erläutert der Leiter des Windkanals. Zwei Hochgeschwindigkeits-Thermografiekameras unterstützen die akustischen Messungen. Sie zeigen, an welchen Stellen des Rotorblatts die gleichmäßige Luftströmung in Turbulenzen umschlägt. „Schallquellen an Rotorblattprofilen können präzise geortet und ihre Entstehung analysiert werden.“

Windenergieanlagen werden immer größer und leistungsfähiger

Dass Akustikmessungen dank der vor knapp vier Jahren installierten Mikrofongruppen bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Metern pro Sekunde vorgenommen werden können, hat einen konkreten Hintergrund: Windenergieanlagen werden immer größer und leistungsfähiger. „Wir haben auf den Trend zu immer höheren Blattspitzengeschwindigkeiten reagiert. Und sind für die Zukunft gut aufgestellt“, ist Balaresque überzeugt.

Welche Auswirkung hat Schmutz auf der Oberfläche?

Doch die Analyse des akustischen Verhaltens von Rotorblättern ist nur ein Teil des Leistungsspektrums der Bremerhavener Forschungsanlage. Über verschiedene Sensorsysteme gewinnen Balaresque und seine Kollegen Rainer Kuhlemann und Janick Suhr Aufschluss darüber, ob die Luft das Blatt optimal umströmt und welche Auswirkungen beispielsweise Verschmutzungen auf der Oberfläche haben. Die perfekte Aerodynamik ist für einen möglichst hohen Wirkungsgrad wichtig.

Energieausbeute kann deutlich gesteigert werden

Verbesserte moderne Rotorblatt-Profile können die Leistungs- und Energieausbeute von Windenergieanlagen im zweistelligen Prozentbereich erhöhen. „Rechnet man das auf die Laufzeit einer Windenergieanlage von 20 Jahren und mehr hoch, hat das schon eine gewaltige Auswirkung auf das Betriebsergebnis“, betont Balaresque.  Selbst ein Klecks Vogeldreck auf der Rotorblatt-Oberfläche könnte zu kraftzehrenden Verwirbelungen führen, wobei dies nur ein anschauliches Beispiel ist: „In erster Linie geht es um die grundsätzliche Blattform und die Beschaffenheit der Blattoberflächen und deren Veränderung im Laufe der Jahre beispielsweise durch Witterungs- und Umwelteinflüsse.“

Große Rotorblätter – kleiner Windkanal

In Relation zu den Dimensionen der bis zu 90 Meter langen Rotorblätter wirkt der Messraum des Großwindkanals mit einer Querschnittsfläche von fünf bis elf Quadratmetern relativ klein. „Mit den Maßen eines Windkanals in der Automobilindustrie wollen und müssen wir nicht mithalten, dafür sind unsere Anforderungen zu unterschiedlich“, sagt Balaresque. Allerdings müssen die Wind-Forscher auch nicht ganze Rotorblätter untersuchen. Dank der vielen und präzisen Sensoren reichen den Experten Original-Segmente von Bauteilen oder Modelle ganzer Anlagen. „Aus den ermittelten Werten lässt sich dann das Verhalten des gesamten Bauteils errechnen“, erläutert der Ingenieur.

Offensichtlich haben sich die Bremerhavener Wissenschaftler mit ihrer Technologie und den Rechenkünsten einen guten Namen in der Branche erworben: „Wir arbeiten für praktisch alle Hersteller von Windenergieanlagen“, sagt Balaresque.

Pressekontakt:

Deutsche WindGuard GmbH, Cornelia von Zengen, Public Relations, Tel.: +49 (0)4451 9515-240, E-Mail: c.vonzengen@windguard.de, www.windguard.de & www.windkanalzentrum.de

Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen arbeitet ähnlich wie ein Korrespondentenbüro. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden.

Auf www.pressedienst.bremen.de gibt es alle bis August 2016 veröffentlichten Artikel. Alle aktuellen Artikel ab August 2016 finden Sie auf der Seite der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH.

Bei Fragen schreiben Sie einfach eine E-Mail an pressedienst@bremen.de

Hinweis zum Bilddownload in der Marginalspalte:

Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Nicholas Balaresque (links) leitet in Bremerhaven den Großwindkanal. Mit 80 hoch empfindlichen Mikrofonen sowie zwei Hochgeschwindigkeits-Thermografiekameras werden die Messungen vorgenommen. © Urs Siedentorp für Deutsche WindGuard GmbH

Foto 2: Im Gebäude befindet sich der Großwindkanal von Deutsche WindGuard GmbH in Bremerhaven. © Urs Siedentorp für Deutsche WindGuard GmbH

Foto 3: Zur Überprüfung reichen den Experten Original-Segmente aus – dank der präzisen Sensorik, die im Windkanal verbaut ist. © Urs Siedentorp für Deutsche WindGuard GmbH

 

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