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Wir sind Bremerhaven - Geschichten aus der Stadt am Meer

18.12.2019
Ralf Schreuder ist Mannschaftsbetreuer der Fischtown Pinguins Bremerhaven, die in der höchsten deutschen Eishockeyliga, der DEL, spielen: „In Bremerhaven darfst du keine Allüren haben.“

Das Erste, was die neuen Spieler lernen, ist die korrekte Begrüßung.
Ganz egal, wo sie herkommen, ob aus Kanada, den USA oder Russland. Das erste Wort, das sie in Bremerhaven lernen,
lautet: „Moin.“

Sie hören es einfach ständig, sobald sie zum Training in die Eishalle kommen. Ich spreche nur wenig Englisch und wir müssen
uns miteinander arrangieren. Klappt aber immer irgendwie. Im Notfall zeigt man eben auf die Sachen, um die es geht.
Ich bin der Mannschaftsbetreuer der Fischtown Pinguins in der höchsten deutschen Eishockeyliga, der DEL. Für mich ist es
der beste Job, den ich haben kann. Schon immer war ich ein Fan und bei jedem Heimspiel dabei, Stehplatz, Dauerkarte. Wenn
ich Geld hatte, fuhr ich auch zu Auswärtsspielen. Bremerhaven ist eine Eishockeystadt, seit 1941 wird hier gespielt. Der Sport ist
wichtig für uns.

Als ich meinen Job verlor, kam ich in ein Beschäftigungsprogramm. Ich lernte durch einen Zufall Alfred Prey kennen, den Teammanager. Wir sprachen über dies und das, er fragte mich, ob ich handwerklich geschickt sei. Das bin ich. Dann rief er mich ein paar Tage später an und fragte, ob ich für den Klub arbeiten wolle. Ich dachte erst: „Wollen die mich jetzt verarschen?“

Zehn Jahre ist das her. Am Anfang war ich nervös, wenn ich zur Arbeit kam, doch das hat sich gelegt. Heute bin ich nur noch an den Spieltagen aufgeregt. Ich bin halt auch noch immer ein Fan.

Mein Arbeitstag beginnt lange vor dem Training, wenn ich den Kaffee koche und den Saft für die Spieler mixe. Ich bereite die Kabine und lege die frisch gewaschenen Trikots hin. An Tagen von Heimspielen sind auch die Umkleideräume der Gästemannschaft fällig. Ich schleife die Schlittschuhe und kümmere mich um die Ausrüstung, wobei ich dafür nun Unterstützung bekommen habe.

Mein Handy ist immer eingeschaltet, Tag wie Nacht. Ich streiche auch mal eine Wohnung über oder schleppe eine Couch mit
raus. Eishockeyspieler ziehen häufig um. Einmal klingelte es tatsächlich um vier Uhr morgens. Der neue Stürmer aus Russland
war dran und klang sehr aufgeregt. Ich solle sofort kommen: Eine riesige Spinne krabbele durch seine Wohnung. Ich beruhigte ihn,
fuhr hin. Er zeigte mir ein Foto, das er mit seinem Handy aufgenommen hatte. Tatsächlich war ein schwarzes Wesen zu erkennen,
aber eine Spinne war das nicht. Das war eine Fledermaus.

Ich suchte das Zimmer ab, entdeckte den ungebetenen Gast und warf ein Laken drüber, um ihn nach draußen zu tragen
Dann fuhr ich nach Hause und legte mich hin. Die anderen Spieler bekamen das irgendwie mit. Nach dem Training hing
der Spind des Stürmers voller Knoblauchzehen. Wir haben noch Tage später gelacht.

Allüren gibt es bei uns in Bremerhaven nicht. Wer sich hier wie ein Star aufführt, hat es nicht leicht. Es gab mal einen, der darauf
bestand, vor dem Training einen Becher Kaffee an den Eisring gereicht zu bekommen. Doch das ist lange her. Die Chemie innerhalb
einer Eishockeymannschaft muss stimmen. Unsere Manager haben eine gute Nase gehabt für Spieler, die bei uns reinpassen.
Bei uns geht es familiär zu, und meine Rolle als Mannschaftsbetreuer ist da nicht unwichtig. Ich habe ein enges Verhältnis zu
den Spielern. Wir haben viele schöne Momente erlebt. Unvergesslich ist die Meisterschaft in der DEL2, in der Saison 2013/14, was
mit einem Konvoi durch die Stadt gefeiert wurde.

52 Pflichtspiele sind es in einer Saison, ohne die Playoffs. Ein strammes Programm, aber ich habe noch nie gehört, dass sich jemand
darüber beschwert hat. Ich frage mich immer, worüber sich Fußballspieler aufregen.
Wenn wir auswärts antreten, sind wir mit dem Reisebus unterwegs. Egal, ob wir nach Straubing müssen oder nach Schwenningen.
Die reichen Teams reisen mit dem Flugzeug an, landen in Nordholz oder Bremen. Wir haben den Bus. Wir sind ein kleiner
Verein mit einem kleinen Etat. Unser Teammanager Alfred sagt, dass wir mit unserem Budget so etwas sind wie der „Aldi“ der
DEL: Jeder andere Verein fährt mit dem Einkaufswagen durch und holt sich die Spieler, die er haben will. Wir müssen klug haushalten
und erfindungsreich sein.

In meinem Bereich betrifft das beispielsweise die Waschmaschinen. Andere Vereine haben eine Riesenwaschmaschine, wie
in einem Hotel, die alles innerhalb einer Stunde reinigt und trocknet. Bei uns laufen drei normale Maschinen und sechs Trockner.
An einem Spieltag gehen schon mal dreißig Ladungen durch. Wenn mich jemand fragt, was mein Traum ist, dann sage ich
nicht: „Die Meisterschaft.“ Ich sage: „Eine große Waschmaschine.“

Ralf Schreuder, Jahrgang 1960, lebt in seiner Heimatstadt Bremerhaven

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