15.12.2025
Autor: aheads GmbH
Süße Katzenbabys, treue Hundeaugen und herzerwärmende Rettungsgeschichten – so sieht das Tierheim auf den ersten Blick aus. Weniger sichtbar ist die Bürokratie im Hintergrund: Impfungen, Quarantänefristen, Medikamentengaben, Tierarztberichte, Hygieneauflagen und Vermittlungsverträge. Tierheimleiterin Amelie Bensch bringt es auf den Punkt: „Die Tierpfleger sind viel zu sehr mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt und das ist kostbare Zeit, die den Tieren fehlt.“ Karteikarten in mehrfacher Ausfertigung und Aktenordner in langen Regalreihen bestimmten bisher den Alltag fast ebenso lange wie Fütterung und Pflege.
Die Vision: ein papierloses Tierheim. Alle Informationen sind jederzeit verfügbar und die Mitarbeitenden können ihre Zeit dort verbringen, wo sie am dringendsten gebraucht wird: bei den Tieren.
Die digitale Tierakte
Herzstück des Projekts ist die digitale Tierakte. Bisher wurden alle Informationen zu einem Tier mehrfach an verschiedenen Orten festgehalten – im Büro, im Zwingerbereich, bei der Tierärztin und später erneut bei der Vermittlung. Jede Veränderung, jedes Medikament, jede Beobachtung musste händisch in mehrere Akten übertragen werden. Das führte nicht nur zu enormem Aufwand, sondern auch zu Fehlern, Doppelarbeit und fehlender Übersicht.
Mit der neuen digitalen Lösung ändert sich das grundlegend. Jedes Tier soll vom ersten Tag an digital begleitet werden: von der Aufnahme über medizinische Behandlungen bis zur Vermittlung. „Ein Tier kommt am Empfang an, die Daten werden einmal eingegeben und stehen dann automatisch in allen Bereichen zur Verfügung“, beschreibt Bensch.
Künftig erhält jedes Tier einen QR-Code am Gehege. Mit einem Tablet können die Mitarbeitenden diesen scannen und sofort auf alle relevanten Informationen zugreifen wie z.B. Impfstatus, Medikamente, Auffälligkeiten im Verhalten oder anstehende Kontrolltermine. Auch Änderungen, etwa eine neue Medikation oder ein angepasstes Futter, werden direkt im System erfasst. So sind die Daten jederzeit aktuell und für alle sichtbar.
Die Belegungsplanung wird ebenfalls digitalisiert. Wer darf mit wem zusammen untergebracht werden, wer braucht Einzelhaltung, wer kommt aus der Quarantäne? „Früher stand man lange im Hundebereich und diskutierte. Jetzt können wir am Tablet planen und sehen sofort, was funktioniert“, so Bensch. Perspektivisch sollen auch Vermittlungsverträge digital unterschrieben und automatisch per Mail verschickt werden.
Das System befindet sich noch in der Einführungsphase. „Es war uns wichtig, die Mitarbeitenden früh einzubinden, damit wir während der Entwicklung noch Spielraum für Anpassungen haben“, erklärt Bensch. Insbesondere freut sie sich, dass man in der Bremerhavener Firma Sideklick, ein langjähriger Unterstützer desTierheims, einen lokalen Partner für die Umsetzung gefunden hat. Dass es anfangs Vorbehalte gab, überrascht niemanden. Die Vorteile liegen auf der Hand: weniger Fehler, keine Mehrfacheinträge, keine Informationsverluste. „Manchmal kommt eine Info an der Tafel nicht bei allen an. Digital haben wir es schwarz auf weiß und jeder ist sofort auf dem neuesten Stand“, so Bensch.
Ein Tierpfleger mehr dank Digitalisierung
Der spürbarste Effekt zeigt sich im Alltag: Die Mitarbeitenden gewinnen Zeit. Durch die digitale Erfassung entfällt doppelte Schreibarbeit, Informationen sind sofort abrufbar und Missverständnisse werden vermieden. „Wenn ich mir überlege, haben wir durch die Änderung jeden Tag praktisch einen Tierpfleger mehr für die Tiere. Das ist schon sehr, sehr wertvoll“, sagt Bensch.
Damit das Projekt überhaupt umgesetzt werden konnte, erhielt das Tierheim Unterstützung von der BIS Wirtschaftsförderung. „Ohne Förderung hätten wir das nicht stemmen können. Das wäre finanziell eine Nummer zu groß für uns gewesen“, erklärt sie. Heute gilt das Tierheim Bremerhaven mit seiner digitalen Tierakte als Vorreiter. In Deutschland gibt es bisher keine Einrichtung, die ihre Verwaltung so konsequent digitalisiert hat. Schon jetzt haben Tierheime von Hamburg bis Berlin Interesse signalisiert, von den Erfahrungen zu lernen.
Was vorher in Aktenordnern und Notizzetteln verschwand, wird nun in echte Tierpflege übersetzt: Spaziergänge, Training, Beobachtungen oder einfach zusätzliche Zuwendung. Für Bensch ist das der Kern der Digitalisierung: „Sie ist kein Selbstzweck. Sie soll Freiräume und mehr Zeit schaffen, besonders für die Tiere.“
Mehr zum Tierheim Bremerhaven finden Sie hier: https://www.tierschutz-bremerhaven.eu/de/