28.07.2025
Autor: BIS mbH
Vom Weserdeich bis zum Handelshafen wimmelt es von Betrieben, die mittelbar wie unmittelbar mit der Schifffahrt und der maritimen Wirtschaft zu tun haben. Werften, Motorenwerke, Industriebau, Schiffsinstallationen und vieles mehr. Man kennt sich untereinander, hat schon zusammengearbeitet und nicht selten auch Höhen und Tiefen an diesem Ort gemeinsam durchgemacht.
Die Heise Werft in der Hoebelstraße ist eine dieser Firmen. Mit rund 40 Mitarbeitern gehört sie zu den eher kleineren Werften. Am historischen Standort der früheren Sieghold-Werft – der ehemals kleinsten Werft Bremerhavens - gelegen, ist Heise spezialisiert auf Schiffsreparaturen sowie Instandsetzungs- und Umbauarbeiten. Im Mittelpunkt stehen maßgeschneiderte Lösungen für komplexe technische Anforderungen. Je komplizierter, desto spannender. „Bei uns ist jeder Job anders“, sagt Betriebsleiter Jan Stoll. „Wir machen eigentlich nie zweimal das Gleiche.“
Das Leistungsangebot ist breit gefächert „Der Stahlbau, mit Reparaturen am Schiffsrumpf, der Maschinenbau mit sehr vielseitigem Leistungsspektrum in der Reparatur ist das Kerngeschäft“, sagt Stoll. „Darüber hinaus werden Elektroinstallationen und vor allem Elektroreparaturen ein immer wichtigerer Faktor. Und wir haben eine eigene Abteilung nur für den Rohrbau.“ Deren Spezialität sind CuNiFe-Rohre, eine Legierung aus Kupfer, Nickel und Eisen. Sie sind ausgesprochen korrosionsbeständig und deshalb besonders geeignet für Seewasser. Allerdings ist der Werkstoff damit auch recht teuer. „Auch da sind wir aber im Vorteil, weil wir das Material von Zulieferern aus Bremen beziehen und damit kurze Wege haben“, erklärt Stoll. Im Grunde macht Heise laut Betriebsleiter alles außer den Motoren. „Dafür gibt es eigene Spezialbetriebe, mit denen wir zusammenarbeiten“, erklärt er. Eine der großen Stärken des Standorts Fischereihafen: Durch die Konzentration vieler Fachbetriebe sind die Wege immer kurz.
Die stärkste am Pier ist Wilhelmina
„Schiffsreparatur ist Teamarbeit“, betont Stoll. „Eine Klassedockung, quasi der TÜV-Termin für ein Schiff, dauert in der Regel nicht länger als 14 Tage. Da müssen viele Arbeiten parallel laufen. Das erfordert enge Absprachen, ein gegenseitiges Grundverständnis und mitunter auch einfach viel Vertrauen. Manchmal ist es auch ein Drahtseilakt zwischen Zusammenarbeit und Konkurrenz. Das funktioniert nur, wenn man ein gut funktionierendes Netzwerk von Betrieben hat, die einander zuarbeiten. Und in dieser Hinsicht ist der Fischereihafen als Standort ideal.“
Gearbeitet wird meist an einer 220 Meter langen Pier direkt hinter den Werkstätten, an der Schiffe bis zu sieben Metern Tiefgang anlegen können. Seit 2024 erweitert das 33 Meter lange und 19 Meter breite Schwimmdock „Wilhelmina“ mit 800 Tonnen Hebekraft zusätzlich die Arbeitsmöglichkeiten der Heise-Crew. Gekauft hat es die Heise Werft von der Volkswerft in Stralsund. Den Tipp dafür hatte Jan Stoll auch hier aus seinem Netzwerk bekommen. „Mit seinen kompakten Abmessungen war das genau das Dock, das wir suchten“, erinnert sich Jan Stoll. „Wir haben es vor Ort herausgehoben und den Unterwasserbereich instandgesetzt und dann hierher transportiert, wo wir alle Arbeiten über Wasser erledigt haben.“
Doch ganz ohne Hindernisse konnte die „Wilhelmina“ dann noch nicht in Betreib gehen. „Ich habe mich damals um die Zulassung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz gekümmert“, erinnert sich Stoll. „Als wir die schon hatten, wollte das Stadtplanungsamt allerdings die Betriebsbedingungen ändern, wegen der Nähe zum geplanten Werftquartier. Das hätte aber den gesamten Schiffbaubetrieb bei uns gefährdet. Hier hat sich dankenswerterweise die BIS Wirtschaftsförderung als Vermittlerin eingeschaltet. Mit ihrer Hilfe konnten die Geschäftsführung und die Stadt im Dialog einen tragfähigen Kompromiss erarbeiten.“
Heise macht auch „Hausbesuche“
Nicht alle Projekte können im Fischereihafen umgesetzt werden. Für größere Schiffe ist das Team uneingeschränkt mobil und kann rund um die Uhr an jeden Ort kommen. „Gerade haben wir an einem Produktentanker die Messtechnik für Abgaswaschanlagen installiert“, erzählt der Betriebsleiter. Diese Technik ist ein spannendes Thema für Heise und wird die Aufgaben der Werft auch für die Zukunft stark mitbestimmen.
„Bei den Schiffen beginnt die Entwicklung zu mehr Umwelt- und Klimaschutz gerade.“ sagt Stoll. „Das wird spannend. Die Tage von Schweröl als Treibstoff sind gezählt, der Trend geht zum Flüssiggas. Die Zukunft im Fernverkehr wird vermutlich Ammoniak gehören, das für große Schiffe leichter zu händeln ist. Im Kurzstreckenbetrieb werden sicher auch elektrische Antriebe ihre Anwendungen finden.“ Die Klassifizierung von Schiffsaggregaten nach Schadstoffausstoß ist eine der kommenden Herausforderungen, die vor allem die deutsche Industrie meistern muss. „Deutsche Maschinen sind in Sachen Qualität und Zuverlässigkeit immer weit vorn gewesen und auch kontinuierlich immer besser geworden“, so Stoll.
Die Zukunft gehört den Schiffen
Generell sieht Jan Stoll die Zukunft der Schifffahrt und des Schiffbaus positiv. „Die Schifffahrt bleibt als Transportoption für den Handel unverzichtbar – Zölle und Vorschriften hin oder her. Diese Schiffe müssen immer irgendwo gebaut und repariert werden. Und Bremerhaven ist der Reparatur-Standort schlechthin.
Damit das so bleibt, hat die Heise Werft auch bei der Ausbildung neuer Fachkräfte die Zukunftsplanung immer im Auge, „wir stellen jedes Jahr drei Auszubildende ein“, sagt Stoll. „Zuletzt haben wir einen eingestellt, der anschließend noch drei Bekannte mit zu uns gezogen hat. Das ist natürlich ein Glücksfall.“ Umso mehr, als das der gegenwärtige Fachkräftemangel gerade vermeintlich kleineren Betrieben wie Heise ohnehin besonders zu schaffen macht. „Es gibt in dieser und in angrenzenden Branchen wie etwa dem Flugzeugbau deutlich größere Wettbewerber, mit deren Vergütungsmöglichkeiten wir nicht mithalten können, das liegt in der Natur der Sache“, so Stoll. „Wir heben uns dafür beispielsweise mit unserem breiten, abwechslungsreichen Aufgabenspektrum von der Konkurrenz ab. Wir wollen und haben hier keine ‚Fachidioten‘ die jeden Tag die gleichen Teile zusammenbauen müssen. Ein weiterer Vorteil gegenüber Großbetrieben ist, dass wir aufgrund unserer breiten Aufstellung besser durch Krisenzeiten kommen. Das heißt, wir können unter Umständen den sichereren Arbeitsplatz bieten als manches Großunternehmen.“
Von Herzen Bremerhavener
Für Jan Stoll selbst käme ein Wechsel ohnehin kaum in Frage, denn Bremerhaven ist eine Herzensangelegenheit für ihn. „Ich habe Schiffsbetriebstechnik studiert und bin danach einige Jahre zur See gefahren“, erzählt Stoll. „Und ich habe festgestellt, dass das Miteinander der Menschen hier in Bremerhaven etwas ganz Besonderes ist. Der Umgang ist direkter und offener und für mich angenehmer als an vielen anderen Orten, an denen ich arbeitete.“
Auch einen Branchenwechsel könnte sich Jan Stoll nicht mehr vorstellen, denn an der Frachtschifffahrt hängt sein Herz. „So ein Frachtschiff ist ein riesiges Werkzeug “, sagt er. „Eines, dem viele Menschen auch ihr Leben anvertrauen. Davor kann man schon Respekt haben. So eine Yacht liegt dagegen ja nur viel herum und verbraucht Energie.“
Seit dem vergangenen Jahr ist Heise Teil der Colcrete-Gruppe. Das Traditionsunternehmen mit Sitz in Rastede ist seit über 160 Jahren im Wasserbau tätig und war in Bremerhaven unter anderem mit dem Rückbau der Nordmole 2022 betraut. „Colcrete hat zum Beispiel als einer der ersten Wasserbauer Steine mit Beton verklammert, um Aufspülungen an Deichsockeln oder in Schleusenbereichen zu verhindern“, erklärt Stoll. Mit der Übernahme der Heise Werft hat sich Colcrete quasi eine eigene Reparaturwerkstatt für seine Flotte gekauft. Jan Stoll sieht diese neue Konstellation als Glücksfall. „Dadurch erweitert sich natürlich unser Netzwerk noch einmal deutlich und verschafft uns Aufträge, zu denen wir bisher keinen Zugang hatten. Gleichzeitig bedeutet das auch eine zusätzliche Erweiterung unseres Portfolios. Damit können wir unseren Kunden noch mehr Leistungen und unseren Mitarbeitern noch mehr Abwechslung bieten.“
Mehr zur Heise Werft unter: heise-schiffsreparatur.de