03.11.2025
Autor: BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven
Der Weg durch Lagerhalle 1 auf dem Betriebsgelände der Alexander Global Logistics GmbH führt in eine beeindruckende Kulisse. Wie Säulen stehen dort in dutzenden Reihen fünf Lagen hoch gestapelt massive weiße Rollen. Jede von ihnen wiegt 750 Kilogramm und ist in eine stabile Kunststofffolie eingeschweißt. Alle fünf Minuten bringt ein elektrisch betriebener Gabelstapler eine weitere Rolle; behutsam setzt der Fahrer die schwere Last auf einer der Säulen ab. „Es handelt sich um Zellstoff für die Hygieneindustrie, unsere Kunden haben eine Nullfehlertoleranz“, erläutert AGL-Vice President Alexander Hellmers. Pro Woche entladen die 20 AGL-Beschäftigten in Bremerhaven rund 400 Container mit solchen und weiteren Zellstoff-Produkten, prüfen im Detail die Qualität der Ware, lagern sie ein und organisieren dann in umgekehrter Folge auf Abruf den Weitertransport zum Empfänger. Die Nachfrage wächst so stark, dass das Logistikunternehmen seine Lagerfläche von 35 000 m2 um 18 000 m2 erweitert.
Die Schwergewichte der Branche vertrauen auf Alexander Global Logistics
AGL ist einer der großen Player in der Bremer Logistik-Wirtschaft. Das Unternehmen wurde 2006 von dem Bremer Schifffahrtskaufmann Carsten Hellmers gegründet. Das Kerngeschäft umfasst die weltweite Projektlogistik für alles, was groß und schwer ist, sowie den Umschlag von Papier- und Zellstoffprodukten mit Standorten unter anderem in den USA und in China - und eben in Bremerhaven. Seit 2017 steht Alexander Hellmers an der Seite seines Vaters und verantwortet die Zellstoff-Sparte. Seinerzeit hatte AGL im Gewerbegebiet Grauwallring eine 6600 m2 große Halle als Zwischenlager für Zellstoff und Papier-Importe aus den USA und Lateinamerika angemietet. „Der Standort war schon damals ideal“, erinnert sich der 34-Jährige. Die Containerterminals sind nur knapp zwei Kilometer entfernt. Die dort ankommende Ware kann auf direktem Weg ins Lager und genauso schnell per Bahn, Lkw oder Schiff zu den Verarbeitern gebracht werden. Über seine Kunden sagt Alexander Hellmers nur einen Satz: „Es sind Schwergewichte der Branche.“
Seine gute Marktposition hat AGL vor allem dem Service für die Kunden zu verdanken. Neben dem sorgfältigen Handling der Ware sticht die Qualitätskontrolle hervor. Normalerweise würden nur Stichproben gezogen - die AGL-Prüfer dagegen schauen sich jede Zellstoff-Rolle einzeln an. Ein Transportschaden, eine Verschmutzung oder ein sonstiger Mängel wird registriert und sofort sorgfältig beseitigt: „Dieses Material wird unter anderem für die Herstellung von Windeln benötigt“, erläutert Alexander Hellmers: „Stellen Sie sich mal vor, was passiert, wenn irgendwelche Partikel wie zum Beispiel Metallspäne in das Endprodukt gelangen würden.“ Ursprünglich hatten die AGL-Kunden die Qualitätskontrolle inhouse vorgenommen. Wenn sie auch nur an einem Ballen einen potenziellen Risikofaktor fanden, schickten sie den ganzen Container postwendend zurück. Jetzt wissen sie, dass sie sich auf Alexander Global Logistics verlassen können. „Das erspart natürlich eine Menge an Zeit, Aufwand und Kosten“, sagt Hellmers.
Vom Mieter zum Eigentümer: AGL übernimmt Hallenkomplex am Grauwallring
Der Kundenzufriedenheit folgend stieg das jährliche Umschlagsvolumen seit 2006 von 125.000 Tonnen auf 1,625 Millionen Tonnen; der Umsatz kletterte von 5 Millionen Euro auf 75 Millionen Euro. Entsprechend wuchs der Platzbedarf. 2019 hatte AGL bereits drei der insgesamt fünf Hallen auf dem 86 000 m2 großen Gewerbegrundstück angemietet- was sich allerdings zu einem spürbaren Kostenfaktor entwickelte. „Schnell war uns klar, dass es sinnvoller wäre, die Hallen zu kaufen“, erinnert sich Alexander Hellmers. Ganz so schnell ging die Umsetzung dann doch nicht; aber 2021 gehört dem Unternehmen der gesamte Komplex. Und dann kam Corona. „Auch wenn man es im Zusammenhang mit der Pandemie gar nicht sagen sollte: Es war ein Glücksfall“, meint Alexander Hellmers, „als Folge der weltweit gestörten Logistik- und Lieferketten waren Lagerflächen auf einmal stark gefragt.“ Seitdem deckt sich die produzierende Industrie mit größeren Vorräten an Rohware und Zulieferteilen ein: „Die Nachfrage nach Lagerfläche hält weiterhin an.“
BIS Bremerhaven schafft den Raum für Wachstumspläne
Hellmers ist der Typ Unternehmer, der Chancen schnell erkennt und bereit ist, sie auch schnell zu ergreifen. Auf das zu der Zeit ungenutzte Nachbargrundstück hinter dem eigenen Hallenkomplex hatte er schon länger ein Auge geworfen. Es war ideal für eine Ausweitung der eigenen Geschäftstätigkeit. Die Kaufanfrage für das städtische Grundstück stieß bei der BIS Bremerhaven sofort auf Interesse. Expandierende Unternehmen zu unterstützen und ihnen den erforderlichen Raum für die Verwirklichung der Wachstumspläne zu geben, gehört zu den Kernaufgaben und dem Selbstverständnis der Wirtschaftsförderer. Als Anbieter von hafennahen Dienstleistungen passte Alexander Global Logistics zudem perfekt in das Profil der Unternehmen, die die BIS im Umfeld der Containerterminals ansiedeln möchte. Dank der kurzen Entscheidungswege in Bremerhaven und im Land Bremen können die Wirtschaftsförderer in solchen Fällen auch auf ein breitgefächertes Angebot an Fördermöglichkeiten zurückgreifen. 20 Millionen Euro in ein Grundstück und eine Halle zu investieren, ist schließlich schon eine Hausnummer.
An dieser Stelle kommen die beiden ins Spiel, die Hellmers jetzt mit Rat und Tat zur Seite stehen: Max Vogel ist Geschäftsführer der vor mehr als 100 Jahren gegründeten Baumwollhandlung Schröder&Vogel GmbH in Rheine. Hellmers und der 29- Jährige haben sich 2019 im beruflichen Kontext kennengelernt, da Schröder & Vogel Kunde bei AGL ist und Alexander Hellmers dort der Key Account Manger war. Zusammen haben die beiden Carla Wolters wiederum aus einem Bremer Immobilienunternehmen abgeworben, als sich die Pläne für die neue Halle konkretisierten. „Er hat mich gefragt, ob ich mir die Projektleitung zutraue“, erzählt die junge Frau, „und da habe ich sofort Ja gesagt.“
Ein perfekt funktionierendes Team realisiert die Neubaupläne
Die Immobilienreise startet in 2021 mit der Gründung der HGV Invest GmbH bei der sowohl Alex Hellmers als auch Max Vogel mit jeweils 50% Beteiligt sind und die Geschäftsführung innehaben. Carla Wolters kam im Jahre 2023 dazu und managt die Firma auf der operativen Ebene. Dass die drei ein perfekt funktionierendes Team sind, ist nicht zu übersehen. Sie gehen locker miteinander um, ein Wort gibt das andere, es wird viel gelacht. Aber sie können auch von einer auf die andere Sekunde umschalten und hochprofessionell Pläne besprechen, Verabredungen und vor allem Entscheidungen treffen. Alexander Hellmers hat die Rolle des Kreativen, der immer wieder frische Ideen entwickelt, nach vorne prescht und andere mitreißen möchte. „Ich bin der Stratege der die Fäden im Hintergrund zieht“, sagt Max Vogel. Er steht mit beiden Füßen fest auf der Erde und hakt ein, wenn der Optimismus auszuufern droht. Carla Wolters ist die Pragmatische, die die beiden an Aufgaben und Zeitpläne erinnert und dafür sorgt, dass operative Themen höchst professionell und erfolgreich abgeschlossen werden. Basis des vertrauensvollen Miteinanders ist die enge Freundschaft, die sich zwischen Hellmers und Vogel aus der ursprünglich geschäftlichen Beziehung entwickelte. Als Alexander Hellmers heiratete, „war Max mein Trauzeuge“, berichtet der Unternehmer.
Das offene, vertrauensvolle und zielgerichtete Miteinander war von Anfang an für das Neubauprojekt wichtig und gefragt. Banken zeigten bei der Finanzierung der Hallenpläne eine gewisse Zurückhaltung; weshalb „Max und ich viele Stunden lang miteinander telefoniert haben, um das Für und Wider verschiedener Finanzierungspläne abzuwägen“, erinnert sich Alexander Hellmers. Irgendwann war klar: die beiden Unternehmer behalten das Thema in der eigenen Hand.
Neubauprojekt auf Nachhaltigkeit in der Logistik ausgerichtet
Die neue Halle ist auf Nachhaltigkeit in der Logistik ausgerichtet: Unter anderem lässt die HGV Invest das Hallendach mit einer 1,7-Megawatt- Photovoltaik-Anlage ausstatten, um ihren Mieter AGL mit Öko-Strom versorgen zu können. In einem ersten großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit hatte Hellmers bereits die bis dahin eingesetzte mit Diesel betriebenen Gabelstapler aus der Halle verbannt und durch Elektrofahrzeuge ersetzt. Zudem verfügt AGL über einen Gleisanschluss, so dass der Weitertransport der Zellstoff-Rollen umwelt- und klimafreundlich per Bahn erfolgen kann.
Natürlich gründet man eine eigene Immobilienfirma nicht nur für ein einziges Projekt. Hellmers, Vogel und Wolters wollen auf Basis der Erfahrungen mit dem eigenen Hallenkomplex auch für andere Unternehmen Logistikimmobilien entwickeln. Und während die Bauarbeiten am Grauwallring schnell vorankommen, schmieden die drei bereits weitere Pläne. Max Vogel kann sich vorstellen, seinen Baumwoll-Handel um Zellstoff zu erweitern; Alexander Hellmers überlegt, die AGL-Produktpalette mit neuen Commodities wie Stahl, Aluminium zu beleben. „Projekte wie dieses sind für die wirtschaftliche Entwicklung Bremerhavens von zentraler Bedeutung“, betonte Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz, während der Grundsteinlegung: „AGL zeigt, wie nachhaltige Industriepolitik und die Schaffung von Arbeitsplätzen Hand in Hand gehen können.“