Startseite Leichte Sprache Gebärdensprache

Lebensmittelforum Bremerhaven gibt Impulse für die Nahrungs- und Genussmittel-Branche

Die Nahrungs- und Genussmittel-Unternehmen im Land Bremen arbeiten mit Hochdruck und innovativen Ideen an ihrer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Zukunft. Das hat das jüngste „Lebensmittelforum Bremerhaven“ gezeigt. Die Bandbreite der dort präsentierten Ideen und Konzepte reicht von Einsatz Künstlicher Intelligenz für die gezielte Kundenansprache bis zur Entwicklung neuer Nahrungsmittel auf der Basis von Zellbiologie. Veranstalter des Forums ist die BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven, die seit 2014 das Forum ausrichtet. An ihrer Seite stehen als starke Partner die M3B GmbH/ Food Land Bremen, die Handelskammer Bremen - IHK für Bremen und Bremerhaven, der Nahrungs- und Genussmittelwirtschaft Bremen e.V. (NaGeB) sowie das Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven (ttz Bremerhaven).

25.06.2025
Autor: BIS Wirtschaftsförderung

Kofinanziert von der Europäischen Union

Mit KI und Zellbiologie für die Zukunft gerüstet

Rund 140 Fachleute aus etablierten Unternehmen, Start-ups, Forschungsinstituten und Hochschulen nutzten das diesjährige Forum im Fischbahnhof Bremerhaven zum Austausch und Netzwerken rund um Ideen, Konzepten und Erfahrungen.  Erstmals war das Programm von der noch jungen Landesinitiative „Food Land Bremen“ gestaltet worden. „Es sind alle gekommen, die das Food Land Bremen ausmachen“, unterstrich die Geschäftsführerin der Innovationsplattform, Claudia Nötzelmann. Sie nahm damit Bezug darauf, dass die Lebensmittelbranche seit Jahrzehnten die Wirtschaftsstruktur des Zwei-Städte-Staates prägt.

 

Neues Veranstaltungsformat verbindet praktische Erfahrung und aktuelle Forschung

Unter dem Motto „Food-Transformation mitmachen!“ gingen auch die Veranstalter mit einem interaktiven und praxisnahen Formatkonzept in diesem Jahr neue Wege. An Stelle der für solche Veranstaltungen sonst üblichen Reihe von Fachvorträgen hatten sie sich für eine Mischung aus Impulsreferaten, Workshops und Fachdiskussionen mit den Referierenden entschieden. In drei „Sessions“ jeweils zu den Themen „Sustain“ (Nachhaltigkeit), „Preserve“ (Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen), „Address“ (Kundenansprache) und „Transform“ (grundlegender Wandel) befassten sich die Teilnehmenden mit richtungsweisenden Ideen und Konzepten. Im Mittelpunkt standen dabei sowohl praktische Beispiele aus Unternehmen als auch aktuelle Forschungsergebnisse aus den wissenschaftlichen Instituten des Landes Bremen wie dem ttz-Bremerhaven, dem Thünen-Institut für Seefischerei und dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.

Die zukunftsweisende Ausrichtung der vorgestellten Arbeiten und Ideen beeindruckte selbst Teilnehmende mit langjähriger Erfahrung aus Innovationsprozessen. Zu den weitreichendsten Vorhaben dürfte dabei das Forschungsprojekt des Kaesler Research Institute Bremerhaven gehören. Das Team rund um die Institutsleiterin Dr. Rieke Janßen arbeitet daran, aus tierischen Zellen gezüchtete Alternativen für das Fleisch frisch gefangener oder gezüchteter Fische zu schaffen. Langfristiges Ziel ist es, den Ressourcenverbrauch durch Fischfang zu verringern und dennoch den Proteinbedarf der Weltbevölkerung zu decken. „Nach den ersten erfolgreichen Züchtungen einzelner Zellen sind wir mittlerweile in der Lage, solches Material in Verfahren herzustellen, die bereits industrielle Maßstäbe abbilden“, berichtete Dr. Janßen. Zudem gelang es den Forschenden, die Kosten für die erforderliche Aufzucht nötige Basis-Flüssigkeit um den Faktor 100 zu senken. Es werde aber noch lange dauern, bis aus dem erfolgreich gezüchteten Rohmaterial ein Produkt entstehen kann. Ein erstes Produkt hat Dr. Janßen aber schon vor Augen: „Kultur-Fischstäbchen aus gezüchteten Zellen.“

 

„Muss vegane Currywurst wirklich schmecken und aussehen wie das Original?“

Die von Dr. Pia Meinlschmidt verantworteten Entwicklungen sind bereits Basis für Alternativen zu Fisch oder Fleisch. Als Teamleitung Produktmanagement bei dem Spezialisten für pflanzliche Proteine „Planteneers“ sucht die promovierte Lebensmitteltechnologin innovative Lösungen für die Lebensmittelindustrie mit einem Fokus auf alternative Proteine und nachhaltige Lebensmittelstrategien. Dass die Nachfrage nach veganen Produkten nach einem anfänglichen Hype vor gut fünf Jahren deutlich zurückgegangen ist, empfindet Dr. Meinlschmidt nicht als beunruhigend: „Dies ist ein für solche Produkte normaler Zyklus“, betonte sie in ihrem Workshop. Die Nachfrage werde wieder steigen: „Die Frage ist nur, wie hoch.“ Für die Teilnehmenden in der Arbeitsgruppe schloss sich daran eine zunächst unbeantwortete Grundsatzfrage an: „Muss die vegane Alternative zur Currywurst wirklich aussehen und schmecken wie das Original oder sollten Alternativen nicht besser einen eigenen Charakter haben?“

Eine richtungsweisende Antwort auf solche Fragen wird die Lebensmittelwirtschaft möglicherweise schon in wenigen Jahren mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (englisch: artificial intelligence, AI) finden. Jasmin Pampuch, Leiterin des Bereichs „Shopper Research“ im Bremer Marktforschungsinstitut BonsAI GmbH verwies in ihrem Workshop auf die bereits praktizierte Verhaltensanalyse mit Hilfe von AI: „Das Videoportal TikTok kann heute schon in Echtzeit am Verhalten eines Nutzers erkennen, ob er unter Depressionen leidet.“ BonsAI wiederum hat ein digitales Tool entwickelt, das aus der anonymen Auswertung der User-Daten von weltweit 20 Millionen Internet-Nutzern- darunter 500 000 in Deutschland - auf das individuelle Einkaufsverhalten von Verbrauchern schließen kann. In Zukunft werden solche Werkzeuge Basis für eine passgenaue Identifizierung von Zielgruppen und die Analyse des persönlichen Verbraucherverhaltens genutzt werden. „Das Marketing wird dann nicht mehr auf Cluster und theoretischen Persona-Annahmen basieren, sondern reale Personen im Blick haben.“

 

Die konkreten Bedürfnisse der Zielgruppen im Blick behalten

Neben Künstlicher Intelligenz dürfte auch dem gesunden Menschenverstand eine wachsende Rolle bei der gezielten Ausrichtung von Produktentwicklung und Verkauf zukommen. In einem Impulsvortrag für das Auditorium des Lebensmittelforums empfahl der Unternehmensberater und Wirtschaftspsychologe Dr. Guido Beier den Teilnehmenden, verstärkt und gezielt die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe zu analysieren. Auf dieser Basis könne es gelingen, Verbraucherinnen und Verbraucher durch ein gezieltes Storytelling erfolgreich anzusprechen: „Produktentwicklung und reines Marketing reichen heutzutage nicht mehr aus.“ Beier verdeutlichte es an einem eigenen Erlebnis: Während einer gemeinsamen Kundenveranstaltung brillierte die Entwicklerin einer „Tee-Meditation“ mit einer perfekten Inszenierung ihres Produktes. Sie traf damit auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden in der Runde nach Entspannung und Wohlbefinden - und zog auch Beier in ihren Bann: „Ich habe nicht viel mit Tee zu tun, aber das hat mich begeistert.“

Das Thema Nachhaltigkeit gehört laut Beier allerdings nicht zu den menschlichen Bedürfnissen, sondern ist viel mehr eine sachlich begründete Notwendigkeit. Das gilt offenkundig ganz besonders für die Fischwirtschaft innerhalb der Lebensmittelbranche. Einerseits ist der Verzehr von Fisch eine klimaschonende Alternative zum Fleischkonsum, betonte Kathrin Runge, Programm-Managerin des Marine Stewardship Council (MSC), der weltweit Produkte aus nachhaltiger Fischerei zertifiziert: „Der Verzehr von einem Kilogramm Fisch ist mit einer Emission von einem bis fünf Kilogramm CO2 verbunden; bei Fleisch sind es dagegen 50 bis 750 Kilogramm.“ Andererseits haben die bereits spürbaren Folgen des Klimawandels erhebliche Auswirkungen auf die Fischerei: „Durch die Erwärmung der Meere verringern sich Bestände oder wandern ab, während nicht heimische Arten einwandern“, erläuterte Dr. Gerd Kraus, Direktor des Thünen-Institutes für Seefischerei in Bremerhaven.

 

Tintenfisch aus dem Mittelmeer breitet sich in der Nordsee aus

Laut Kraus wird bereits heute in einem wirtschaftlich interessantem Umfang Tintenfisch in der Nordsee gefangen, der eigentlich im Mittelmeer heimisch ist. Nach Angaben des Institutsleiters vollziehen sich die Veränderungen so schnell, „dass wir Wissenschaftler gar nicht mehr hinterherkommen“. Ob die verbliebenen Bestände geschützt und gestärkt werden können, liegt nach Überzeugung von Runge und Kraus auch in der Hand der Verbraucher. Um deren Verhalten entsprechend zu steuern, bedürfe es engerer Kooperationen innerhalb der Fisch- und Lebensmittelwirtschaft, sagte Kathrin Runge: „Produzenten und Handel haben eine Schlüsselstellung für die nachhaltige Fischerei.“

 

„Lebensmittelbranche ist ein wichtiger und verlässlicher Faktor im Land Bremen“

Mit diesen und neun weiteren Workshops demonstrierte das Lebensmittelforum Bremerhaven die breit gefächerte Kompetenz der Lebensmittelbranche im Zwei-Städte-Staat. Beim Empfang am Vorabend im First Bremerhaven, den vom Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven betreuten Food-Hub im Fischereihafen Bremerhavens, hatten auch Bremens Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation, Kristina Vogt, und Bremerhavens Oberbürgermeister, Melf Grantz, diese Bedeutung betont. Die Nahrungs- und Genussmittel-Industrie gehöre zu den großen traditionellen Wirtschaftszweigen im Land Bremen und beweise zugleich immer wieder ihre Innovationskraft.

Die Stärke und Bereitschaft zur Weiterentwicklung der Branche werde schon an der seit langem stabilen Zahl rund 10 000 Arbeitsplätzen sichtbar, sagte die Senatorin: „Obwohl die Industrie immer wieder vor großen Umbrüchen und Herausforderungen steht, bleibt sie immer ein verlässlicher und wichtiger Faktor für die Beschäftigung im Land Bremen.“ Bremerhavens Oberbürgermeister verwies darauf, dass sich die Lebensmittelwirtschaft im Land Bremen nicht nur im nationalen, sondern vor allem im internationalen Wettbewerb behauptet. „Mit ihrer Leistung hat die Nahrungsmittelindustrie wesentlich dazu beigetragen, dass Bremen auch in Asien und Südamerika eine echte Marke und nicht irgendeine deutsche Stadt im Norden ist“, unterstrich Melf Grantz.

 

Lebensmittelforum ein wichtiger Beitrag für die Stärke des Wirtschaftszweiges

Das Lebensmittelforum Bremerhaven sehen Vogt und Grantz als einen wichtigen Beitrag, die über so viele Jahrzehnte gezeigte Stärke der Branche noch weiter auszubauen. Die Senatorin appellierte an eingesessene Unternehmen und Start-ups, sich noch enger miteinander zu vernetzen: „Das Forum ist der ideale Ort dafür.“ Melf Grantz verwies darauf, dass der Standort Bremerhaven noch weiteres Vernetzungspotenzial habe: „Die Stadt ist nicht nur Sitz großer Marken und Unternehmen, sondern verfügt zugleich über eine ausgezeichnete Wissenschafts- und Forschungslandschaft, deren Institute in den zentralen Branchenthemen wie Nachhaltigkeit, sorgsamer Umgang mit Ressourcenschutz und in der Entwicklung innovativer Technologien aktiv sind.“ Das Land Bremen engagiert sich ebenfalls stark in der Unterstützung der Lebensmittelindustrie: Mit dem „Food Land Bremen“ hat das Wirtschaftsressort eine Innovationsplattform geschaffen, die enge Verbindungen zwischen jungen Gründungen, erfahrenen Unternehmen und Forschungseinrichtungen knüpft. Mit dem „Food Hub First“ in Bremerhaven bietet das Land Start-ups und der etablierten Wirtschaft den Zugang zu hochmoderner technischer Infrastruktur für die Entwicklung innovativer Ideen, Produkte und Verfahren.

 

Das nächste Bremerhavener Lebensmittelforum findet am 23. Juni 2026 statt. Die Fach-Veranstaltung wird gefördert vom Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds.

Bildmaterial

  1. 250625_PM_LMF_01.jpg
    Dateigröße: 1,9 MB
  2. 250625_PM_LMF_02.jpg
    Dateigröße: 1,9 MB
  3. 250625_PM_LMF_03.jpg
    Dateigröße: 1,9 MB
  4. 250625_PM_LMF_04.jpg
    Dateigröße: 1,9 MB

https://www.bis-bremerhaven.de/de/lebensmittelforum-bremerhavenlebensmittelforum

 

Als PDF herunterladen