12.10.2023
Autor: BIS Wirtschaftsförderung
Damit findet ein Projekt, das von der BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung im Rahmen der „Förderung der Solidarischen Wirtschaft, Genossenschaften und Social Entrepreneurship“ des Landes Bremen finanziert und inhaltlich begleitet wurde, einen erfreulichen und erfolgreichen Abschluss. Mehr als zwei Jahre lang arbeiteten dabei fünf Bremerhavener Unternehmen in einer Peer Group gemeinsam an der Aufstellung ihrer Gemeinwohl-Bilanzen nach den Maßstäben der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ).
„Wir sind sehr glücklich, dass wir die Gemeinwohl-Bilanzierung jetzt erfolgreich abgeschlossen haben. Der Prozess war umfangreicher, als wir am Anfang vermutet hatten. Das war aber positiv: Wir haben uns dadurch sehr tiefgreifend mit Fragen beschäftigen können, denen wir – trotz unseres Fokus auf Nachhaltigkeit – im unternehmerischen Alltag bislang nur wenig Beachtung schenken konnten“, fasst Annemarie Bink zusammen. Und ihre Geschäftspartnerin Fiona Brinker ergänzt: „Das hat den Prozess der Bilanzierung sehr spannend gemacht. Wir haben bereits angefangen, einige Aspekte in unserem jetzigen Ablauf zu hinterfragen und aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Daraus konnten wir viel mitnehmen, sodass wir inzwischen begonnen haben, verschiedene Themenfelder des gemeinwohlorientierten Handelns noch aktiver in unseren Unverpackt-Laden mit einzubauen.“
„Hochachtung“ für den Glückswinkel und die beiden Inhaberinnen Annemarie Bink und Fiona Brinker zollt Dr. Barbara Schieferstein, die das Projekt seitens der BIS begleitet hat. „Wir sind überzeugt, dass der Aufwand, den der Glückswinkel in den vergangenen Monaten betrieben hat, honoriert werden wird. Und wir hoffen, dass vielleicht noch mehr Bremerhavener Unternehmen motiviert werden, sich mit den Grundsätzen der Gemeinwohl-Ökonomie zu beschäftigen.“
Anspruchsvoller Prozess zu Gemeinwohlorientierung und Nachhaltigkeit
Den Prozess intensiv und engagiert unterstützt hat der GWÖ-Berater und -Auditor Michael Pelzl zusammen mit Marcus Rosik aus Bremen. „Die Gemeinwohl-Bilanz ist ein Bewertungsverfahren der Corporate Social Responsibility für Firmen, aber auch Hochschulen, Kommunen und andere Organisationen“, erläutert Pelzl. „Es ist ihr Anspruch, Standards der Gemeinwohlorientierung und Nachhaltigkeit transparent vergleichbar zu machen, über alle Branchen, Unternehmensgrößen und Rechtsformen hinweg.“ Die GWÖ-Bilanz basiert auf der sogenannten Gemeinwohl-Matrix und prüft 20 unternehmerische Aspekte anhand gesellschaftlicher Werte wie Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitentscheidung. Konkret überprüften die teilnehmenden Unternehmen ihr Wirtschaftshandeln in Bezug auf alle relevanten Kontaktgruppen, von Eigentümer:innen und Mitarbeiter:innen über Lieferant:innen bis zu Kund:innen und dem gesellschaftlichen Umfeld. „Die GWÖ-Bilanz ist vermutlich das anspruchsvollste und ambitionierteste Nachhaltigkeitsberichtserstattungswesen, das es im Moment auf dem Markt gibt. Da sind die Teilnehmenden oft auch überrascht, wie viel Arbeit damit verbunden ist“, sagt Marcus Rosik. Und Michael Pelzl ergänzt: „Es ist strategische Arbeit am Unternehmen und nicht Arbeit im Unternehmen.“
Strategische Arbeit am Unternehmen
In Zeiten der Corona-Pandemie und der Lockdowns war es auch dieser Arbeitsaufwand, der letztlich die vier übrigen Unternehmen dazu gezwungen hat, ihre Zertifizierungsbemühungen mit einer Gemeinwohl-Bilanz zurückzustellen. „Die teilnehmenden Unternehmen waren und sind alle sehr engagiert im Bereich der Nachhaltigkeit. Aber in diesen wirtschaftlich ungewissen und herausfordernden Zeiten war es anspruchsvoll, Zeit und Ressourcen in die strategische Weiterentwicklung unter den Aspekten der Gemeinwohl-Ökonomie zu investieren“, zeigt Michael Pelzl Verständnis.
„Uns kam zugute, dass die Themen der Gemeinwohlökonomie uns nicht fremd waren, weil es ja die Grundpfeiler unseres Lädchens und Online-Shops sind“, erläutert Annemarie Bink. So konnte der Glückswinkel insbesondere bei der Lieferkette hohe Bewertungen erzielen. „Wir wählen unsere Lieferanten und Hersteller von vornherein nach Nachhaltigkeitskriterien aus – manche unserer Produkte tragen sogar selbst schon das Siegel der Gemeinwohl-Bilanz. Auch die Orientierung am Kundennutzen statt am Profit war letztendlich die Gründungsidee des Glückswinkels“, ergänzt Fiona Brinker. Bis zum 31. Juli 2025 ist ihr Zertifikat des Gemeinwohl-Berichts gültig. Die beiden Unternehmerinnen wollen auf jeden Fall ihre strategische Arbeit in der Zukunft fortsetzen.
Unterstützung für gemeinwohlorientierte Unternehmen
„Der Erfolg des Glückswinkels zeigt uns, dass der Unterstützungsprozess einen spürbaren Effekt hat und honoriert wird“, unterstreicht Barbara Schieferstein. „Dass sie Hilfreiches aus dem Prozess mitgenommen haben, haben uns alle beteiligten Unternehmen positiv gespiegelt. Deshalb wollen wir gerne weiter gemeinwohlorientierte Projekte im Zuge der Wirtschaftsförderung unterstützen, um unseren Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln.“ Noch bis März 2024 läuft aktuell auch die Veranstaltungsreihe „Bremerhaven wirkt“ für Sozialunternehmen, Impact Startups und Gemeinwohlökonomie. Dabei werden auch die Erfahrungen des Glückswinkels aus der Gemeinwohl-Bilanzierung einfließen.
Bildmaterial
Bildunterschrift: Fiona Brinker und Annemarie Bink (vorne von links) haben erfolgreich, als erstes Unternehmen in Bremerhaven eine Gemeinwohl-Bilanz für ihren Laden „Dein Glückswinkel“ aufgestellt. Im Hintergrund wurden sie dabei von Berater Marcus Rosik, Dr. Barbara Schieferstein von der BIS Wirtschaftsförderungsgesellschaft und GWÖ-Berater Michael Pelzl (hinten von links) unterstützt.