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Sehnsucht nach Segeln und Meer

29.08.2022, Autor: Wolfgang Heumer
Wenn ein Kapitän auch in seiner Freizeit zur See fährt, muss sein Schiff etwas Anziehendes haben. Für Stefan Lange hat die „Alexander von Humboldt II“ diese Magnetwirkung. In jedem Urlaub wird aus dem Fachgruppenleiter Nautik der Marineoperationsschule Bremerhaven der Kapitän des Schiffes mit den grünen Segeln.

Stefan Lange strahlt Ruhe aus, offenkundig ist er kein Freund langer Reden. Mit einem Lächeln in den Augen erzählt er kurz zusammengefasst die Geschichte von Tom Sawyer und dem Lattenzaun. Der unsterbliche Lausbub aus Mark Twains Erzählungen muss für Tante Polly einen Lattenzaun streichen –Strafarbeit. Statt lustlos ans Werk zu gehen, macht er seinen Freunden die Arbeit geschickt so schmackhaft, dass sie ihm sogar Geschenke geben, nur um das Pinseln übernehmen zu dürfen. Für Lange ist die Geschichte eine Parabel auf die eigene Arbeit: „Als Kapitän kannst du sicherlich deine Besatzung einfach per Kommando zu etwas verpflichten. Aber wenn du deinen Job richtig machst, leitest du die Crew so an, dass sie Spaß an der Arbeit hat – auch wenn es mal rauer zugeht.“

„Dieses Schiff und seine Crew sind etwas ganz Besonderes“

Die Erfahrung, die aus diesen Sätzen spricht, ist bei Stefan Lange über Jahre gewachsen. Seit 2010 ist der 55-Jährige einer der Kapitäne des Bremerhavener Großseglers „Alexander von Humboldt II“, der neben der „Gorch Fock“ der Deutschen Marine der wohl bekannteste deutsche Windjammer ist. Ein solches Schiff zu führen, wäre an sich nichts Besonderes; schließlich gibt es noch eine ganze Reihe traditioneller Rahsegler auf den Weltmeeren. Doch Stefan Lange und die übrigen Kapitäne der „Alex-2“, wie sie von ihrem Freundeskreis genannt wird, zeichnen sich durch eines aus: Sie führen die Bark mit den grünen Segeln freiwillig und unbezahlt in ihrer Freizeit – obwohl sie auch im Beruf den ganzen Tag mit den Aufgaben eines Nautikers befasst sind. „Dieses Schiff und seine Crew sind eben etwas ganz Besonderes”, ist Lange überzeugt.

Als Kapitän auf der Alex-2 zu arbeiten, ist zweifelsfrei genauso besonders wie das Schiff selbst. Es ist ein modernes und doch klassisches Segelschiff, das von 24 Segeln an drei Masten vorangetrieben wird. Die Besatzung besteht ausschließlich aus Freiwilligen – vom Anfänger, auch Trainee genannt, bis zum erfahrenen Mitglied der Stammcrew. Nur der Kapitän und seine Offiziere sowie der Chefingenieur benötigen Patente aus der Berufsschifffahrt. Wer dieses Schiff und seine Besatzung führen will, muss eine Menge über Schiffe und Segeln wissen, die Augen überall haben und immer ein Stück weit vorausschauend arbeiten. „Kein Tag ist wie der andere, jede Reise ist anders, und selbst mit viel Erfahrung muss man immer auf Überraschungen gefasst sein“, sagt Stefan Lange. „Aber das ist genau das, was es so spannend macht.“

„Eine Erfahrung, die man nicht vergisst“

Seit Ende der 1980er-Jahre verfolgt die Eigentümerin der Bark, die gemeinnützige Deutsche Stiftung Sail Training mit Sitz in Bremerhaven, mit ihren Segelreisen ein wesentliches Ziel: „Wir wollen Jung und Alt das Erlebnis traditioneller Seemannschaft vermitteln“, zitiert Stefan Lange aus der Philosophie der Stiftung. Seemannschaft bedeutet Gemeinschaft, Verantwortungsgefühl, Teamgeist, die Überwindung eigener Ängste und Sorgen beispielsweise beim erstmaligen Aufentern in den Mast – und allem voran ist es ein einzigartiges Erlebnis. „Fasst man es zusammen, bleibt eine Erfahrung, die man sein ganzes Leben lang nicht mehr vergisst und die einem niemand mehr nehmen kann“, bringt es der Kapitän auf den Punkt.

Dass er das Wesen des Segelns auf der Alex-2 so präzise zusammenfassen kann, liegt an Stefan Langes persönlicher Erfahrung. 1993 heuerte er das erste Mal auf der alten, 1988 in Dienst gestellten „Alex“ an. Da hatte er zwar schon vier Jahre Dienstzeit bei der Deutschen Marine und die ersten Semester seines Nautik-Studiums in Leer hinter sich. Aber auf dem Dreimaster fing er wieder „ganz unten“ an: „Jeder beginnt hier als Trainee und muss im Laufe der Zeit zeigen, dass er den Aufgaben an Bord gewachsen und bereit ist, sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen“, erläutert Stefan Lange das Prinzip der Stiftungsarbeit: „Letztlich ist dies der Kern traditioneller Seemannschaft.“

Kindheitstraum eines gebürtigen Bochumers

Der Dienst bei der Marine, das Nautik-Studium und das Anheuern auf der ersten „Alex“ – sie wurde 2011 durch die heutige „Alex-2“ abgelöst – waren für Lange die Erfüllung eines Kindheitstraums. Den hatte er fernab der Küste gehegt und gepflegt, denn Lange stammt aus Bochum. Doch aus dem Herzen des Ruhrpotts hatte er eine grundlegende Voraussetzung für die Marine-Ausbildung mitgebracht: „Meine Familie hatte einen Klempner-Betrieb, der auch Dacharbeiten auf Kirchendächern ausführte, da ist man es gewohnt, in größeren Höhen herum zu klettern, ohne Angst zu haben.“

Doch an der Arbeit auf einem Segelschiff reizt Stefan Lange mehr als das Abenteuer, in die Rahen zu klettern, Segel zu setzen und zu bergen. „Eigentlich steckt das Reizvolle in einer Mischung aus vielen Faktoren“, sagt er nach kurzem Überlegen. Das Naturerlebnis, nur vom Wind durch die Welt bewegt zu werden, das Bordleben mit all seinen Facetten, die Begegnung mit Menschen auf dem Schiff, die im Laufe der Zeit zu Freunden werden: „Und sicherlich ließe sich die Liste noch fortsetzen.“

Dass er als Kapitän eine besondere Rolle auf dem Schiff spielt, sieht Stefan Lange nicht als Privileg an. Die Verantwortung, die damit verbunden ist, empfindet er andererseits aber auch nicht als Last: „Das gehört einfach dazu, auch wenn es sicherlich immer mal wieder schwere Entscheidungen zu treffen gibt.“ Die Segelerfahrung, auf die Stefan Lange zurückblicken kann, ist lang und vielfältig: In den Jahren, in denen er auf der „Alex“ in seiner Freizeit segelte, arbeitete er hauptberuflich auf dem segelnden Kreuzfahrtschiff „Lili Marleen“ auf allen Positionen vom einfachen Crew-Mitglied bis zum 1. Offizier. Weitere maritime Berufserfahrung brachte er aus seiner Dienstzeit als Nautiker in der freien Fahrt sowie als Nautiker vom Dienst im Wasser- und Schifffahrtsamt Bremerhaven mit. Vor 18 Jahren kehrte Stefan Lange dorthin zurück, wo seine Seefahrtskarriere begann – zur Deutschen Marine. Seit mittlerweile 14 Jahren ist er Fachgruppenleiter Nautik an der Marineoperationsschule in Bremerhaven.

Mehr als 4600 Kilometer nonstop unter Segeln

Wenn man Stefan Lange fragt, warum es ihn immer wieder auf die „Alex-2“ zieht, überlegt er zunächst in seiner ruhigen Art einen Moment. Und dann erzählt er von seinen Erlebnissen auf See. Von seinem längsten Törn, der über 2500 Seemeilen – etwa 4600 Kilometer – nonstop unter Segeln in die Karibik führte und auf dem er auch für das Ankermanöver am Ziel den Motor nicht startete. Von einem engen Hafen auf den Kapverdischen Inseln, den er bei stürmischem Wetter gegen den Wind verlassen musste und dabei nur einen einzigen Anlauf hatte. Von einer Fahrt nach Falmouth in England, die alle anderen Traditionssegler auf dem kürzesten Weg durch den Englischen Kanal unter Motor antraten, während sich die „Alex“ für den längeren Weg um Schottland herum unter Segeln entschied – und am Ende als erster am Ziel war. „Das ist doch einfach nur toll“, sagt er dann nach einer weiteren kurzen Überlegung: „Da kann man doch gar nicht anders, als bei jeder Gelegenheit hier an Bord zu gehen.“

Pressekontakt:
Jirka Niklas Menke, Deutsche Stiftung Sail Training, Tel. +49 471 945880, E-Mail: presse@alex-2.de

Bildmaterial:
Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.
Foto 1: Das Steuerrad in der Hand: Kapitän Stefan Lange © WFB/Jörg Sarbach
Foto 2: Stefan Lange auf der Alex 2. © WFB/Jörg Sarbach
Foto 3: Die Alex 2 im Neuen Hafen. © WFB/Jörg Sarbach

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Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Journalistinnen und Journalisten den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen.
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