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Mehr Sicherheit für die maritime Wirtschaft

22.08.2018, Autor: Wolfgang Heumer
Ohne die Schifffahrt wäre der Welthandel unmöglich; Windkraftanlagen auf dem Meer sind für die Energieversorgung an Land unverzichtbar. Doch maritime Transportsysteme und Infrastrukturen sind einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt.

Mit seinem neuen „Institut für den Schutz maritimer Infrastrukturen“ in Bremerhaven will das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) diese Risiken aufspüren und gemeinsam mit der Wirtschaft Schutzmaßnahmen entwickeln.

Kleine Ursachen haben bisweilen große Wirkung. Eine Computerstörung irgendwo auf dem Containerterminal bringt das ganze Managementsystem des Hafens zu Fall. Vor den Einfahrten zum Hafen stauen sich Lastwagen kilometerlang; Schiffsfahrpläne verschieben sich; Ware kommt zu spät beim Empfänger an; vielleicht stockt in einem großen Betrieb deshalb die Produktion; blitzschnell summieren sich die Folgeschäden in Millionenhöhe. Das Beispiel ist nicht fiktiv; Reedereien und Hafenbetreiber überall auf der Welt haben es schon mehrfach erlebt. „Es ist nur ein Beispiel von vielen dafür, welchen Risiken die maritime Infrastruktur ausgesetzt ist“, sagt Dr. Dennis Göge, Programmkoordinator Sicherheitsforschung und Gründungsdirektor des Instituts für den Schutz maritimer Infrastrukturen am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), „es gibt praktisch keinen Überblick, welche Risiken insgesamt in diesem Bereich bestehen.“ Mit seinem neuen Institut für den Schutz maritimer Infrastrukturen will das DLR dazu beitragen, dass die maritime Wirtschaft diesen Überblick bekommt und ihn aktiv zur Abwehr von Gefahren nutzen kann.

Maritime Aktivitäten beeinflussen weite Bereiche des Alltags

Maritime Systeme und Infrastrukturen spielen für den Alltag eine weitaus größere Rolle, als zumeist angenommen wird. Die Schifffahrt als Lastenesel des Welthandels ist noch ein gängiges Bild. Aber von Schiffen, Seewegen, Häfen, Strom- und Datenkabeln auf dem Meeresboden sowie Ressourcen wie Fisch, Öl oder Gas hängt weit mehr ab als das rechtzeitige Eintreffen des neuen Fernsehers aus Fernost im europäischen Wohnzimmer: „Praktisch jeder Lebensbereich hat einen direkten oder zumindest indirekten Bezug zum Maritimen“, weiß Göge. Genauso groß wie die Bandbreite der Systeme und Infrastrukturen ist auch das Spektrum der Störungsmöglichkeiten. Fachleute wie Göge unterscheiden dabei zwischen den englischen Begriffen „safety“ und „security“, die beide mit „Sicherheit“ ins Deutsche übersetzt werden können. „‚Safety‘ bezieht sich auf die Beeinträchtigungen, die aus dem laufenden Betrieb entstehen können“, erläutert Göge, „‚security‘ bezieht sich auf Gefahren, die, wie beispielsweise Terrorangriffe, von außen auf die Infrastruktur einwirken können.“

Beide Sicherheitsbegriffe haben eine verbindende Gemeinsamkeit: „Man muss sich der Gefahren und Risiken bewusst sein, um ihnen begegnen zu können und man muss beide Themen gemeinsam, quasi holistisch, betrachten“, ist Göge aus seinen Erfahrungen in der Sicherheitsforschung überzeugt. Die maritime Welt ist aber sehr komplex. Unter dem Dach privater Unternehmen, staatlicher Institutionen und internationaler Organisationen verbirgt sich eine nahezu unüberschaubare Vielzahl an Beteiligten. Die meisten befassen sich seit längerem mit dem Thema Sicherheit – allerdings in der Regel aus einer eher individuellen Interessenlage.

Frühwarnsysteme sind noch Mangelware

Einzelne Reedereien wie beispielsweise der Kreuzfahrtkonzern Carnival Cruises verfügen über eigene Lagezentren, in denen sie in Echtzeit das Geschehen auf ihren Schiffen beobachten. Staaten wie Deutschland und die USA betreiben mit dem Havariekommando oder der Coast Guard Einrichtungen, die bei komplexen Schadenssituationen eingreifen können. Weltweite Institutionen wie die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO erlassen Regelwerke beispielsweise für die Sicherheit von Menschen auf See. Doch komplexe, übergreifende Informations- oder gar Frühwarnsysteme sind eher Mangelware. Hier setzt das neue DLR-Institut an.

Standort Bremerhaven für Institut bewusst gewählt

Dass sich nun das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt für die Lage auf dem Wasser interessiert, wirkt überraschender, als es tatsächlich ist. Die DLR-Experten kennen sich mit komplexen Situationen und Aufgaben aus. Sie beschäftigen sich in ihrer angewandten Forschung und Entwicklung für Flugzeuge und Satelliten mit Themen wie Fernerkundung, Sensorik und Datenübertragung. Zudem forscht das DLR in weiteren Schwerpunkten rund um die Themen Energie und Verkehr und hat dadurch eine enge Verbindung zu maritimen Infrastrukturen. „Dazu gehören nicht nur die Offshore-Windparks, sondern auch die großen Seekabelstrecken wie NordLink, die die Stromnetze Norwegens und Deutschlands verbinden“, sagt Göge. Dass Bremerhaven Sitz des neuen Institutes wird, ist naheliegend: die Seestadt ist nicht nur der zweitgrößte deutsche Hafenstandort, sondern auch Zentrum der Offshore-Energiebranche, Sitz von zahlreichen maritimen Forschungseinrichtungen und inmitten des größten europäischen Clusters von Unternehmen der Luft- und Raumfahrt gelegen.

Noch ist das neue Institut damit beschäftigt, die eigene Infrastruktur für die künftig 60 bis 70 Mitarbeiter aufzubauen. Parallel definiert Göge als Gründungsdirektor gemeinsam mit dem Aufbauteam die künftigen Aufgaben und Schwerpunkte. „Sicherheit wird zumeist erst ein Thema, wenn es bereits gekracht hat“, weiß er – weil es aber um das Vermeiden von Gefahren geht, sucht das DLR die Schwerpunkte, für die vorbeugende Maßnahmen sinnvoll und vordringlich sind. Künftig wird es in dem Institut darum gehen, wie welche Lagebilder möglichst in Echtzeit geschaffen werden müssen und welche Sensorik dafür erforderlich ist. Dabei ist nicht die ganze Welt auf einmal im Blick der Forscher: „Schon ein einzelner Hafen ist ein sehr komplexes System mit vielen Beteiligten und Zuständigkeiten“, erläutert Göge. In dieser Gemengelage ließe sich das Sicherheitspotenzial deutlich erhöhen, wenn alle Player über die wesentlichen Informationen und ein umfassendes Lagebild verfügten.

Institut will den direkten Kontakt mit der maritimen Branche

Auch die Offshore-Windparks, die derzeit in der Nordsee entstehen, sind ein klassisches Sicherheitsthema mit zahlreichen Beteiligten, die von einem umfassenden Lagebild profitieren könnten. Zusätzlich wird es in dem neuen Institut beispielsweise um Fragen der Datensicherheit gehen, die durch den zunehmenden Transfer von Informationen zwischen Schiffen, Häfen und

Reedereien entstehen. Vor allem aber suchen Göge und sein Team – darunter frühere Führungskräfte aus der Schifffahrt – den direkten Kontakt zu den wesentlichen Playern der maritimen Branchen, um deren Fragen und Erfahrungen zu sammeln. Diese Praxisnähe ist Göge extrem wichtig. Das neue Institut hat zwar seine Wurzeln in der Luft und Raumfahrt: „Aber wir wollen hier auf keinen Fall Forschung im luftleeren Raum betreiben.“

Pressekontakt:

Andreas Schütz, DLR Pressesprecher, Tel.: +49 2203 601 2474, E-Mail: Andreas.Schuetz@dlr.de

Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen arbeitet ähnlich wie ein Korrespondentenbüro. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden.

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Foto 1: Gefahren frühzeitig zu erkennen ist das Ziel von Dr. Dennis Göge am Institut für den Schutz maritimer Infrastrukturen. ©WFB/Focke Strangmann

Foto 2: In Bremerhaven hat das Institut viele Ansprechpartner aus den Bereichen Wirtschaft, Forschung, Offshore-Energie sowie Luft- und Raumfahrt direkt vor der Tür. ©WFB/Focke Strangmann

Foto 3: Um sich ein umfassendes Lagebild des Mikrokosmos Hafen zu verschaffen, wird im neugegründeten Institut auf hohe Praxisnähe gesetzt. ©DLR

 

 

 

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